
Gardens unseen
Ausstellung 29.09. - 01.10.2023
Foto-Ausstellung im Rahmen des diesjährigen Münchner Flower Power Festivals.
29.09. - 01.10.2023
Bereits als Jugendliche begann Cornelia Weber mit einer analogen Spiegelreflexkamera zu experimentieren und ihre Fotos in einer improvisierten Dunkelkammer im Dachgeschoss ihres Elternhauses zu entwickeln. Später produzierte sie viele Jahre lang Fotostrecken für deutsche und internationale Magazine. 2019 begann sie schließlich, die Blumen, mit denen sie arbeitet, selbst in ihrem Garten und auf einem kleinen gepachteten Feld anzubauen. Die Nähe zum Werden und Vergehen in der Natur, die mühsame Arbeit des Anbaus, aber auch die tiefe Zufriedenheit, die sich einstellt, wenn Gesätes aufgeht und gedeiht, haben ihren floralen Arbeiten neue künstlerische Impulse gegeben. Ihre Fotografie zeigt die Blume nun nicht länger nur als dekoratives Element, sondern greift Fragestellungen nach den Konsequenzen der menschengemachten Klimakrise und dem Wertewandel in unserer Gesellschaft auf. Gezeigt werden unter anderem Motive aus drei speziell für das Münchner Flower Power Festival entwickelten Serien.
Veranstaltungsort
Donauwörther Str. 51
80997 München
- Eintritt frei -

Serie
"ZEITENWENDE"
In dieser Serie setzt sich die Künstlerin mit dem Gefühl der Angst vor einer uns entgleitenden Zukunft auseinander. Der Wertekonsens unserer Gesellschaft wird als in Frage gestellt wahrgenommen. Tiefgreifende politische und wirtschaftliche Krisen, eingebettet in das Spannungsfeld der globalen Klimakatastrophe, scheinen an die Stelle des Konsenses eine Atmosphäre des Gegeneinanders konkurrierender Wertesysteme treten zu lassen. Der Kompromiss als konstituierender Faktor demokratischer Prozesse verliert seine versöhnende Kraft. Als Schlagwort für die Dimension der immensen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Tage hat sich der Begriff der Zeitenwende etabliert. Er umschreibt in verschiedenen Sinnzusammenhängen eine Art Quo Vadis Situation einer Gesellschaft am Scheideweg. Das Motiv des Weges in eine ungewisse, oft bedrohlich wirkende Zukunft greift die Künstlerin in allen, ausschließlich mit floralen Materialien gestalteten Bilderwelten dieser Serie auf. Im Zentrum jedes Stilllebens steht ein oft erst auf den zweiten Blick erkennbarer Pfad, der in die Tiefe einer mystisch anmutenden Szenerie führt. Diese verortet die Künstlerin durch die Namensgebung der Einzelmotive in unserer scheinbaren Vertrautheit mit Natur- und Gartenräumen. Zweige, Halme und Blätter erscheinen übergroß und verdichten sich zu einem undurchdringlichen Dickicht, dessen Durchquerung nur durch eine spärlich beleuchtete Schneise möglich scheint. Was erwartet uns am Ende dieses Weges? Welche Gefahren lauern in den märchenhaft schönen, aber auch bedrohlich wirkenden Szenerien. Ein Abbild von Natur tut sich auf, das so gar nicht mehr natürlich wirken mag.

Serie
„REMEMEBER THEM!“
Botanische Illustrationen ermöglichten der Wissenschaft den Zugriff auf ein vergängliches Objekt der Pflanzenwelt unabhängig von Zeit und Raum. Die präzise Darstellung vertrat die jeweilige Pflanze, sei es, weil sie in anderen Erdteilen heimisch und einer unmittelbaren Untersuchung nicht zugänglich war, oder weil sie als Anschauungsobjekt losgelöst von ihrem natürlichen Lebenszyklus Wissenschaft und Lehre - und interessierten Laien zugänglich gemacht werden sollte. In der Serie „Remember them!“ greift die Künstlerin Versatzstücke der Botanischen Illustration auf, indem sie die Pflanzen vor einem neutralen Hintergrund zeigt, den botanischen Pflanzennamen, sowohl Fundort als auch Fundzeitpunkt im Bild festhält. Es geht ihr jedoch nicht um botanische Korrektheit, sondern vielmehr um den subjektiv festgesetzten, dokumentarischen Wert des entstehenden Bildes. Der Gedanke des Dokumentarischen zielt dabei weniger auf das Verfügbarmachen der Pflanze unter Umgehung ihrer Vergänglichkeit oder ihrer geografischen Verortung ab, sondern folgt einer subjektiven Dramaturgie des Erinnerns. Und so greift die Künstlerin in dieser Serie den fortschreitenden Verlust von biologischer Diversität auf und bricht die globale Bedrohung der Klimakatastrophe gleichsam auf den Mikrokosmos des individuell erfahrbaren Gartenraumes herunter. Aus einem wissenschaftlich-künstlerischen Instrumentarium des objektiven Vergegenwärtigens wird so ein subjektives fotografisches Laboratorium des Erinnerns, das zukünftig zwangsläufig an die Stelle des Betrachtens der lebenden Pflanze treten muss.


Serie
„PICKED FROM MY FUTURE GARDEN”
In der Serie werden jeweils zwei Motive gegenübergestellt, wobei das eine ein üppiges Arrangement zeigt, das mit Blumen des Gartenjahres 2022 gestaltet wurde. Das andere entstammt einer imaginären Zeitreise in das Jahr 2032 und zeigt das gleiche Arrangement im Zustand des Verfalls. Das Verwelken der Blumen wird durch die Künstlerin metaphorisch überhöht, indem es nicht nur den kurzfristig eintretenden, natürlichen Endpunkt im Zyklus von Werden und Vergehen vor Augen führt - sondern auch die Beschreibung eines noch nicht eingetretenen, aber zukünftig zu befürchtenden Zustandes vorwegnimmt. Das Arrangement der Zukunft ist nicht gezeichnet vom natürlichen Prozess des Verwelkens, sondern wird durch den Titel der Serie als frisch gepflückt postuliert. Es wird also im Jahr 2032 offensichtlich mit Blumen gestaltet werden, gepflückt aus einem Garten, der von einem lebensspendenden zum lebensfeindlichen Raum mutiert ist. Paradiesische Üppigkeit als Ergebnis gärtnerischen Wirkens des Menschen in einer intakten Umwelt kann es hier nicht mehr geben. An ihre Stelle tritt durch den zeitlichen Perspektivwechsel eine florale Welt, der das Werden verwehrt bleibt. Mit dieser Serie projiziert die Künstlerin ihre Eindrücke des Sommers 2022, das geprägt war von sengender Hitze und Dürre, in eine imaginierte Zukunft. Ausgehend von den allgegenwärtigen medialen Bildern ausgetrockneter Flüsse, millionenfach verendender Fische, großflächig brennender Wälder und katastrophaler Missernten nimmt die Künstlerin ein auf den kleinen, individuellen Gartenraum heruntergebrochenes „Szenario“ vorweg, das als bittere Warnung aber auch als bereits einsetzende Trauerarbeit über den Verlust des vertrauten und liebgewonnen Schutzraums „Garten“ verstanden werden kann.